Ausbildung mit null Emissionen
In Stuttgart hat DACHSER die neueste E-Lkw-Generation im Einsatz. Die nächste Generation sitzt auch hinter dem Steuer des elektrischen Lasters: Leise, wendig und ganz ohne Emissionen beliefert der 18-jährige Berufskraftfahrer-Azubi Diamant Demukaj Unternehmen in der Stuttgarter Innenstadt.
Wenn er kommt, dreht sich niemand auf der Straße um. „Kein Wunder, ich bin ja auch so gut wie lautlos mit meinem Lastwagen unterwegs“, sagt der junge Trucker von der DACHSER-Niederlassung Kornwestheim. Dabei gäbe es wirklich viele gute Gründe, etwas genauer hinzuschauen, wenn der 18-jährige Berufskraftfahrer-Azubi mit dem schönen Namen Diamant Demukaj vorfährt. Denn er sitzt am Steuer des eCanter der Daimler-Tochter Mitsubishi Fuso, einer spektakulären Nutzfahrzeug-Innovation. Das 7,5 Tonnen-Fahrzeug ist der erste reine Elektro-Lkw, der in Serie produziert wird. Die ersten E-Lkw hat Daimler Anfang des Jahres an ausgewählte europäische Kunden ausgeliefert.
Der Kleinlaster ist ein Baustein des Projekts „City Distribution“, mit dem DACHSER bewährte Logistikmodelle mit neuen Ideen verknüpft, um nachhaltige und tragfähige Geschäftsmodelle für die letzte Meile von morgen zu entwickeln. Die neue Fahrzeuggeneration bringt DACHSER bei der Zusammenstellung des richtigen Fahrzeug-Mix für die Innenstadt weiter voran. Dazu soll der Praxistest in Stuttgart beitragen.
Alles kommt auf den Prüfstand
Die DACHSER-Niederlassung Kornwestheim bei Stuttgart hat sich dieser Aufgabe mit Leidenschaft angenommen. Axel Rustemeier, Operations Manager European Logistics, holte sich dazu im vergangenen Jahr mit dem Verkehrsingenieur Christian Polziehn einen kompetenten Projektassistenten an Bord. Dieser soll in enger Zusammenarbeit mit dem Headoffice in Kempten, dem Fuhrparkmanager und Ausbildungsleiter Martin Dohrmann und „Testfahrern“ wie Diamant Demukaj in einem Langzeit-Test möglichst umfangreich untersuchen, wie sich das E-Fahrzeug beim täglichen Einsatz in anspruchsvoller Topografie verhält, wie sich im Jahresverlauf Temperatur-Extreme auf die Reichweite auswirken und welcher speziellen Ladeinfrastruktur es für eine möglichst nahtlose und effektive, emissionsfreie Innenstadtbelieferung bedarf.
Ein Strom-Star, der begeistert
„Kommunikation und eine möglichst umfassende Datendokumentation und –analyse sind dabei entscheidend“, sagt Christian Polziehn. Via Truckonnect sei deswegen der eCanter immer mit der Zentrale verbunden. Während der Fahrt würde jede Beschleunigung, jedes ruckartige Bremsen sowie jedes Ausreißen aus einem effizienten möglichst gleichmäßigen Fahrtverlauf online erfasst. „Wir machen das nicht, um den Fahrer zu kontrollieren oder zu bevormunden“, sagt Polziehn. „Wir wollen gemeinsam mit ihm die optimale Fahrstrategie für eine optimale Reichweite ermitteln, und diese dann an künftige Fahrer weitergeben.“ Die umfassenden Tests seien auch der Grund, warum das Elektro-Fahrzeug im Eigenfuhrpark der Niederlassung betrieben wird.
Der Computer fährt mit
Dem Berufskraftfahrer-Azubi Diamant Demukaj gefällt sein „Testfahrer“-Dasein. Beim Blick auf den Computer kann er Christian Polziehn und seinem Ausbilder zu jedem Achtungszeichen entlang der aufgezeichneten Tour Informationen geben. „Da war eine Baustelle mit lauter Schlaglöchern, da musste ich immer wieder stark bremsen und wieder beschleunigen. Da schnellt der Energieverbrauch sofort hoch“, erinnert er sich.
Seit Anfang März sitzt Demukaj schon am Steuer des E-Lkw und ist mittlerweile schon eins geworden mit der neuen Technik. „Wir haben bewusst einen unserer besten Azubis für diesen Test eingesetzt“, sagt Fuhrparkmanager Martin Dohrmann. „Er hat gerade erst bei uns seinen Führerschein gemacht und schaut daher immer sehr aufmerksam auf das Fahrzeug und sein Verhalten. Er ist außerdem noch nicht an das Fahren von Diesel-Lkw gewöhnt, weshalb er völlig unvoreingenommen den E-Lkw fahren und bewerten kann.“
Dass seine Azubis mit solchen besonderen Aufgaben und dem damit verbundenen Vertrauen auch intern und extern eine besondere Aufmerksamkeit erzielen, kommt dem Ausbilder gut zupass. „Wir wollen damit auch ein Zeichen setzen. Der Berufskraftfahrer-Nachwuchs hat bei DACHSER einen besonderen Stellenwert. Schließlich sind unsere Fahrer auf der letzten Meile das ‚Gesicht’ von DACHSER im direkten Kontakt mit den Kunden“, so Dohrmann. „Da können wir motivierte und qualifizierte junge Leute sehr gut gebrauchen.“
Wenn Diamant Demukaj mit dem eCanter an der Rampe andockt, ist ihm die Aufmerksamkeit für seinen Strom-Star gewiss. „Die meisten Kunden sind erst mal echt überrascht und super neugierig. ‚Ist das wirklich ein waschechter E-Lkw?‘, wollen sie wissen und freuen sich über diese Innovation auf ihrem Hof“, sagt der Azubi. Und dann muss er oft noch schnell erzählen, wie sich der eCanter fährt: Dass er lautlos „anspringt“, dass beim Druck aufs Gaspedal sofort das volle Drehmoment da ist, dass er eine Reichweite von rund 100 Kilometern hat und eine Nutzlast von bis zu 2,7 Tonnen fassen kann, dass er beim Bremsen Energie produziert und nach dem Runterfahren am Drackensteiner Hang auf der Schwäbischen Alb die Batterie um drei Prozent aufgeladen hat und dass er kürzlich bei einsetzendem Regen ganz erschrocken war, wie geradezu lärmend er das Schaben der Scheibenwischergummis in der Stille der Fahrerkabine empfand.
E-Lkw haben das Potenzial, eine Alternative zumindest für die Innenstadtbelieferung zu werden. Die Nutzfahrzeughersteller entwickeln auf diesem Gebiet mit Volldampf, und so erhält auch der eCanter in Stuttgart im Sommer noch einen elektrischen Kollegen. Dann wird die DACHSER Niederlassung Stuttgart zusätzlich noch einen E-Actros von Daimler in Betrieb nehmen. Der erste vollelektrische 18-Tonnen-Lkw von Mercedes Benz hat eine Reichweite von 200 Kilometern und soll nach einem umfangreichen Flottentest voraussichtlich ab 2021 in Serie gehen.
Das Team der Niederlassung freut sich darauf. Allen voran Diamant Demukaj. Als Testfahrer für den eActros ist er schon gesetzt. Mit seinen gerade einmal 18 Jahren weiß er schließlich so gut wie kaum ein Zweiter, wie man in einen lautlosen Elektro-Lkw reinhorcht. Das klingt ganz nach einer viel versprechenden Zukunft.