„Das Netzwerk gibt uns Flexibilität“
Die Nachfrage nach Luftfrachtkapazitäten ist ungebrochen hoch. So hat DACHSER bereits in der ersten Jahreshälfte 150 Charter-Flüge abgewickelt. Das sind 50 mehr als im gleichen Zeitraum 2021. Doch die Herausforderungen in der Luftfracht bleiben vielfältig: Lockdowns in China und Personalengpässe, die sich durch Streiks an den großen europäischen und internationalen Airports nochmals verschärfen, machen die Lieferketten anfällig für Störungen. Timo Stroh, Head of Global Air Freight bei DACHSER, im Gespräch über die aktuelle Situation in der Luftfracht, mögliche Perspektiven und Lösungsansätze.
Die Nachfrage nach Kapazitäten in der Luftfracht ist ungebrochen hoch. Dennoch sehen Experten immer mehr das Risiko eines Kapazitätsüberhangs. Rechnen Sie damit, dass sich die Nachfrage nach Kapazitäten und damit nach Luftfrachtchartern mittel- bis langfristig abschwächen wird?
Wir gehen aktuell davon aus, dass mehr Frachtkapazität in den Markt kommen wird. Zum einen haben die großen Reedereien in die Luftfracht investiert und zum anderen haben auch die etablierten Airlines etliche neue Frachtmaschinen bestellt und zusätzliche Passagiermaschinen zu sogenannten Preightern umfunktioniert. Darunter versteht man ein Passagierflugzeug, das vorübergehend als Frachtflugzeug betrieben wird.
Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld rechnen wir darüber hinaus mit einer sinkenden Konsumnachfrage, verursacht durch die enormen Kostensteigerungen. Zudem kristallisiert sich in einigen Branchen zunehmend der Trend des Nearshorings heraus. Dadurch sollen weltweite Lieferengpässe vermieden werden, die durch die ständigen Störungen der größten Flug- und Seehäfen entstehen.
Die europäischen und nordamerikanischen Flughäfen stehen vor enormen Herausforderungen: Überall fehlt es an Personal, die Prozesse laufen alles andere als reibungslos, es kommt zu Verzögerungen und Problemen bei der Bodenabfertigung. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Die Situation ist tatsächlich nicht trivial. Überall fehlt es an Personal – jetzt merkt man deutlich, dass es überall Menschen sind, die die Dinge am Laufen halten. Ohne motivierte Fachkräfte geht einfach nichts.
Während der Pandemie und den Lockdowns haben sich viele Menschen beruflich umorientiert. Das hat die durch den demographischen Wandel ohnehin angespannte Situation noch einmal deutlich verschärft. Das Resultat sind nun massive Probleme beispielsweise bei der Bodenabfertigung an den Flughäfen, was wiederum Auswirkungen auf den Luftfrachtverkehr hat. Die Airlines reagieren mit Streichungen, Verlegungen von Flügen auf verkehrsärmere Zeiten oder Embargos auf bestimmte Güter.
Wie lang diese Situation andauern wird, wird auch maßgeblich davon abhängen, wie schnell neue Mitarbeitende eingestellt werden können. Wir rechnen aber damit, dass die Gesamtsituation die Branche noch einige Zeit in Atem halten wird. Die Reisewelle in den Ferienzeiten wird die Situation sicherlich zusätzlich unter Druck setzen.
Wie kann DACHSER vor diesem Hintergrund seinen Kunden verlässliche Luftfracht-Services anbieten?
Unsere globalen Luftfracht-Teams reagieren tagesaktuell auf die Situation und arbeiten mit Hochdruck daran, unseren Kunden ein zuverlässiges und belastbares Netzwerk zu gewährleisten. Dafür müssen sie immer mehr Flüge auf kleinere Flughäfen umleiten.
Ich nenne ein Beispiel: Aktuell sind beispielsweise die großen Flughäfen in Frankfurt, Paris oder Chicago von Engpässen und Störungen betroffen. Deshalb haben wir Frachtflüge, wo möglich, auf alternative, meist kleinere Flughäfen, umgeleitet. Das soll für Entlastung und reibungslose Abläufe sorgen. Mit einigen unserer DACHSER Air Chartern fliegen wir zum Beispiel den Flughafen Hahn oder den belgischen Flughafen in Lüttich als Ausweich-Airports zu Frankfurt an. Dabei kommt uns natürlich unser dichtes europäisches Landverkehrsnetz zu Gute. Es ermöglicht uns, Sendungen überall aufzunehmen und dann europaweit zu verteilen. Diese Lösungen aus integrierten Netzwerkfähigkeiten verschaffen uns große Flexibilität und stabilisieren die Lieferketten unserer Kunden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Timo Stroh ist Head of Global Air Freight bei DACHSER.