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Die Zukunft des Lkw beginnt jetzt

Das Null-Emissions-Fahrzeug verlässt endgültig das Zukunftslabor. Auf dem Weg zur voll praxistauglichen Alltagstechnologie haben die neuen Lkw aber noch einige Herausforderungen zu meistern.

Im Rahmen der Serie „Aus dem Zukunftslabor“ werden Ergebnisse aus dem Bereich Corporate Research & Development präsentiert, die in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachbereichen und Niederlassungen sowie dem DACHSER Enterprise Lab am Fraunhofer IML und weiteren Forschungs- und Technologiepartnern entstanden sind.
Im Rahmen der Serie „Aus dem Zukunftslabor“ werden Ergebnisse aus dem Bereich Corporate Research & Development präsentiert, die in enger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachbereichen und Niederlassungen sowie dem DACHSER Enterprise Lab am Fraunhofer IML und weiteren Forschungs- und Technologiepartnern entstanden sind.

Die Europäische Union hat das Ende des Lkw-Verbrenner-Motors auf Basis fossiler Kraftstoffe (Diesel, LNG/CNG) nun endgültig eingeleitet. Denn mit der Anfang des Jahres final verabschiedeten Aktualisierung der EU-Verordnung 2019/1242 müssen die Nutzfahrzeug-Hersteller bis zum Jahr 2040 den durchschnittlichen Ausstoß von CO2-Emissionen bei Lkw-Neuzulassungen um 90 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2019 reduziert haben.

In nur zwei Jahrzehnten wird damit auch die Logistikbranche die wohl größte Transformation im Straßengüterverkehr seit der Umstellung vom Pferdefuhrwerk auf den Kraftwagen bewerkstelligen müssen. Aus der Zukunftstechnologie Null-Emissions-Fahrzeug (englisch Zero Emission Vehicle, kurz ZEV) muss nun ein praxistauglicher Lkw werden, der für verschiedenste speditionelle Aufgaben zuverlässig sein Leistungsversprechen erbringt.

Neu ist der Weg hin zum ZEV indes nicht. Bereits vor fünf Jahren wurde die Transformation mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie 2019/1242 eingeleitet. Erste Flottenziele stellen seitdem Nutzfahrzeughersteller vor die Aufgabe, bei den Erstzulassungen die Durchschnittsemissionen schon ab 2025 um 15 und ab 2030 um 30 Prozent (jetzt erhöht auf 45 Prozent) zu verringern. Das Zielbild des ZEV findet sich auch in weiteren Verordnungen. Zum Beispiel kommt es in den von allen EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2022 beschlossenen fünf neuen CO2-Klassen für Lkw-Mautsysteme zur Anwendung. Umgesetzt wurde diese neue Klassifizierung zum Jahreswechsel bereits in Deutschland und Österreich.

Die Umstellung hat begonnen

Die OEMs haben ihre Strategien entsprechend angepasst. Marktführer Daimler Trucks kündigte bereits im Herbst 2019 an, innerhalb von zwei Jahrzehnten die Produktion komplett auf batterieelektrische (BEV) und Wasserstoffbrennstoffzellen-elektrische (FCEV) Fahrzeuge umzustellen. Und das nicht nur in der EU. Denn auch andere Staaten haben das Ende des klassischen Verbrennungsmotors beschlossen. In Norwegen und im US-Bundesstaat Kalifornien werden beispielsweise das Aus des klassischen Verbrennerantriebs beim Lkw schon fünf Jahre früher eingeleitet als in der EU.

Entsprechende Investitionen in neue Produktionsstätten und Lieferantennetzwerke wurden weltweit von allen etablierten OEMs, aber auch einigen Startups und Quereinsteigern, getätigt. Im Mittelpunkt stehen bei den Herstellern die Elektrifizierung des Antriebsstrangs sowie die Fertigung und Beschaffung leistungsfähiger Traktionsbatterien und Brennstoffzellen.

Mittlerweile sind erste Lkw-Serienmodelle für Nah- aber auch Fernverkehre als batterieelektrische Fahrzeuge mit Reichweiten von 300 und bald auch 500 Kilometern verfügbar.

Mittlerweile sind erste Lkw-Serienmodelle für Nah- aber auch Fernverkehre als batterieelektrische Fahrzeuge mit Reichweiten von 300 und bald auch 500 Kilometern verfügbar. FCEV-Lkw hingegen werden als Serienfahrzeuge mit Reichweiten über 700 Kilometern erst gegen Ende dieses Jahrzehnts erwartet. Laut EU-Vorgaben ebenfalls als ZEV zugelassen sind Wasserstoff-Verbrennungsmotoren und Oberleitungs-Lkw. Da für beide Technologien aber weder praxistaugliche Angebote noch Infrastruktur-Ausbaupläne existieren, werden diese emissionsfreien Lkw-Antriebe auf absehbare Zeit nicht in größerer Zahl in Europa zum Einsatz kommen – vielleicht wird das auch nie der Fall sein.

Das gleiche gilt für synthetische Kraftstoffe. Verbrenner-Lkw mit Biofuels oder E-Fuels im Tank zählen auch in der aktualisierten EU-Verordnung nicht als Null-Emissions-Fahrzeuge. Für sie gibt es auch in Zukunft keinen Mautvorteil. Nur Fahrzeuge, die nachweislich ausschließlich mit grünen, strombasierten Kraftstoffen betrieben werden, könnten eventuell auch nach 2040 als Klasse „E-Fuels only“ noch zugelassen werden. Hierzu fehlen aber noch sämtliche rechtlichen Details.

Die Basis für eine intelligente Logistik der Zukunft, soviel steht mittlerweile fest, sind Null-Emissionsfahrzeuge in Kombination mit hoher Effizienz.
Die Basis für eine intelligente Logistik der Zukunft, soviel steht mittlerweile fest, sind Null-Emissionsfahrzeuge in Kombination mit hoher Effizienz.

E-Fuels mit Fragezeichen

Und auch der politische Wille ist fraglich. Zwar wurde auf EU-Ebene jüngst vereinbart, den Einsatz von E-Fuels in Zukunft zu erwägen. Ob daraus jemals eine mehrheitsfähige und damit verbindliche rechtliche Vorgabe wird, ist derzeit nicht absehbar. Aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten für solche Kraftstoffe wird dies auf jeden Fall kein Lösungsansatz für die OEMs sein, die Flottenziele verlässlich zu erreichen. Auch lassen sich mit diesem Technologiepfad nicht die Luftschadstoffemissionen (Stickoxide, Partikel etc.) auf null Emissionen absenken. Dies ist wiederum ein wichtiger Punkt, insbesondere für Städte und Metropolregionen.

Mit der verabschiedeten Aktualisierung der EU 2019/1242 stehen der rechtliche Rahmen und die Technologie-Optionen fest. Um aber eine Alltagstauglichkeit zu erreichen, muss dringend an folgenden Punkten gearbeitet werden:

  • Öffentliche Lkw-Ladeinfrastruktur: Zügige Umsetzung der EU-Verordnung für den Aufbau von Schnellladepunkten bis 2030, der sogenannten AFIR-Richtlinie – mindestens alle 60 Kilometer entlang der wichtigsten Autobahnen, alle 100 Kilometer im gesamten Transeuropäischen Verkehrsnetz sowie an städtischen Knoten.
     
  • Kommunale Energienetze: zügige Erstellung und Umsetzung von Ausbauplänen für die Stromversorgung in Gewerbegebieten.
     
  • Rechtsnormen und Standards: zügige Überarbeitung von Regelwerken für die Nutzung von Null-Emissionsfahrzeugen und Erneuerbarer Energien, z.B. technische Regeln zu Brandschutz, Gefahrgut etc. Aber auch Finanzierungsrichtlinien und Sozialvorschriften insbesondere für KMU sind zeitnah anzupassen.
     
  • Investitionssicherheit: Verlässlichkeit und Planbarkeit von Gesetzen und Verordnungen sind Grundvoraussetzung, um die notwendigen privaten Investitionen aktivieren zu können.
     
  • Am allerwichtigsten ist indes ein konstruktives Mitwirken aller Beteiligten. Notwendig ist eine Lösungs- und Umsetzungsorientierte Zusammenarbeit.
     

DACHSER bereitet sich im Rahmen seiner Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie auf die schrittweise Transformation hin zu Null-Emissions-Fahrzeugen und Erneuerbaren Energien vor. Konkret bedeutet dies, die Zahl von BEV Lkw und später FCEV Lkw sowohl im Nah- und Fernverkehrsnetz stetig in Abhängigkeit von Leistungsfähigkeit, Ladeinfrastruktur und Wirtschaftlichkeit zu steigern.

Ebenso wichtig ist es aber auch, durch hohe Prozess- und Energieeffizienz weiterhin unnötige und energieintensive Transportkilometer zu vermeiden. Konkret bedeutet das, auch in den kommenden Jahren noch moderne kraftstoffsparende Euro 6 Diesel Lkw einzusetzen, die Transporte mit gut ausgebildeten Fachkräften und neuen digitalen Assistenzsystemen noch mehr auszulasten und Touren noch besser zu disponieren.

Die Basis für eine intelligente Logistik der Zukunft, soviel steht mittlerweile fest, sind allerdings Null-Emissionsfahrzeuge in Kombination mit hoher Effizienz.


Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei DACHSER

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