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Elefantenstark im Lager

Die Automatisierung schreitet voran, dennoch gibt es gerade im Warehouse viele körperliche Tätigkeiten. Immer wieder muss Ware per Hand ausgeladen oder umgepackt werden. Um die Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schützen, kommt bei DACHSER jetzt innovative Technik zum Einsatz.  

Wenn der Roboter mit anpackt, fällt die Arbeit leichter. (Bild: Matthias Sienz)
Wenn der Roboter mit anpackt, fällt die Arbeit leichter. (Bild: Matthias Sienz)

Ein paar Tipper auf das kleine Display, das an einem massiven Karbonbügel an der Hüfte von Patric Dandl befestigt ist, verraten es: „Na, zwei Elefanten habe ich heute schon umgepackt“, sagt der 31-jährige Deputy Shift Leader im Warehouse bei DACHSER im schwäbischen Langenau bei Ulm. An Spitzentagen sind es bis zu 8.000 Kilogramm, die er in einer Schicht umherwuchtet.

Patric Dandl ist kein Zoowärter, der tonnenschwere Dickhäuter in ihrem Gehege umherschleppt. Vielmehr arbeitet er im Warehouse mit einem neuartigen Exoskelett, welches das Heben schwerer Lasten erleichtert. Denn bei der Arbeit im Food Warehouse gehen an einem Tag beim Kommissionieren der Sackware von einer Palette auf eine andere bis zu 60 Tonnen durch die Hände – und über die Rücken der Mitarbeitenden. Die 25 Kilogramm schweren Säcke, die zum Beispiel Backmittel und Fertigmischungen enthalten, summieren sich.

„Die Kolleginnen und Kollegen haben kein Problem damit“, sagt Michael Trunk, Contract Logistics Manager Food Logistics im DACHSER Logistikzentrum Ulm. „… solange sie jung sind“, schiebt er nach. Mit dem Alter könnten sich die körperlichen Beschwerden jedoch mehren. Um dem entgegenzuwirken, untersucht DACHSER seit längerem, wie das Unternehmen seine Mitarbeitenden bei den immer noch notwendigen manuellen und teilweise körperlich anspruchsvollen Arbeiten im Warehouse unterstützen kann.

Möglich wird das durch moderne Robotertechnik, die abgesehen von Science Fiction eher aus der Medizin bekannt ist. Dort sind äußere Stützkonstruktionen bereits seit längerem im Einsatz. Sie unterstützen in der Pflege etwa das Heben und Umlagern von Patienten oder entlasten Ärzte beim stundenlangen Stehen im Operationssaal. Bei gehbehinderten Menschen oder bei Muskelschwäche sollen sie die Beweglichkeit wieder herstellen. Doch auch in der Industrie finden sie langsam immer mehr Anwender.

Roboter zum Anziehen

Nach erfolgreichen Tests setzt DACHSER nun unter anderem in der Niederlassung Langenau aktive, KI-basierte Exoskelette des Augsburger Robotikherstellers German Bionic im Arbeitsalltag ein. Diese Roboter zum Anziehen werden wie ein Rucksack auf den Rücken geschnallt und mit Gurten an Brust und Oberschenkel befestigt.

Bereits 2019 gab es bei DACHSER Pilotprojekte mit Exoskeletten anderer Hersteller, die über mechanische Federsysteme verfügen. Solche passiven Geräte verschieben jedoch lediglich die wirkenden Kräfte. Im Gegensatz dazu unterstützen bei den jetzt eingesetzten aktiven Exoskeletten Cray X batteriebetriebene Motoren den Anwendenden beim Anheben und Tragen von schweren Gegenständen.

„Exoskelette helfen, gesundheitsschädlichen Überlastungen und Arbeitsunfällen vorzubeugen. Das hat Zukunft.“

Der Roboteranzug macht aus den DACHSER-Mitarbeitenden keine Superhelden, die jedes Gewicht mühelos stemmen. Auch wenn sich Patric Dandl wie ein Roboter anhört, wenn er sich bewegt. Das liegt an den Minimotoren, die für das typische leise Summen sorgen, wenn er sich zwischen den Hochregalen im Lager bewegt. Vielmehr verstärkt die Technik die Bewegungen, die Patric Dandl ausführt. Bückt er sich nach einem Sack auf der Palette, sorgt das Exoskelett dafür, dass er den Rücken nicht zu krumm macht. Richtet er sich wieder auf, registriert das Gerät die Absicht und hilft ihm bei der Aufwärtsbewegung.

Wie intensiv man sich von dem Exoskelett ergonomisch unterstützen lässt, kann man selbst festlegen. „Auf 100 Prozent gestellt, zieht einen das Gerät sofort in die Senkrechte, wenn es merkt, dass man sich aufrichten möchte“, sagt Patric Dandl. Das sei ihm zu viel. Trotzdem fühle er sich nicht ferngesteuert.Die Arbeit wird den Muskeln dabei nicht ganz abgenommen. Allerdings ist das Heben eines 30 Kilogramm schweren Gewichts mit der Unterstützung in etwa so anstrengend wie das Heben eines fünf Kilogramm schweren Gewichts. Das entlastet Bandscheiben, Schultern und die Rückenmuskulatur. Weniger Druck auf den Bandscheiben heißt auch weniger Beschwerden.

Die Unterstützung lässt sich steuern. (Bild. Matthias Sienz)
Die Unterstützung lässt sich steuern. (Bild. Matthias Sienz)

Ein cooles Technikerlebnis

Für Kontraktlogistik-Leiter Michael Trunk ein wichtiger Faktor. Da es ohnehin immer schwieriger werde, junge Leute für die Arbeit im Lager zu gewinnen, werde die Belegschaft immer älter. „Wir wollen Überlastungen und Arbeitsunfällen vorbeugen. So nehmen die Mitarbeitenden nicht so schnell eine potenziell schädliche Körperhaltung an, wenn sie höhere Gewichte anheben müssen“, erklärt Michael Trunk, warum sich DACHSER mit der Technologie beschäftigt. Zudem hat das Gerät einen gewissen Coolness-Faktor. „Damit kann man auf Job- und Ausbildungsmessen junge Menschen wunderbar ansprechen, denn im Lager gibt es durchaus auch moderne Technik“, sagt der Kontraktlogistik-Leiter. Der Einsatz von Exoskeletten mache die Arbeit gleich viel interessanter.

Patric Dandl bestätigt die Vorteile im Einsatz. „Die Arbeit geht damit zwar nicht unbedingt schneller“, sagt er. „Aber das Gerät sorgt für eine Entlastung, die man am Ende des Tages wirklich merkt.“ Diese Erfahrungen helfen bei der Akzeptanz der Exoskelette, beobachtet Matthias Nitz, Deputy Warehouse Manager in Langenau. Damit hatte auch Patric Dandl kein Problem. „Man gewöhnt sich schnell daran, das Exoskelett zu tragen“, bestätigt er. Den nun öfter mal fälligen Wechsel des T-Shirts, das durch den enganliegenden Rucksack schneller durchgeschwitzt ist, nimmt er gerne in Kauf. Der kleine Akku des Geräts hält jedoch eine Schicht durch, ohne dass geladen werden muss.

Ein Nachteil im Alltag: „Das Gerät macht einen breiter. Man stößt anfangs öfter irgendwo an, weil man es nicht gewohnt ist”, sagt Patric Dandl. Die Exoskelette benötigen ohnehin eine gewisse Eingewöhnungszeit. Bevor sie mehrere Stunden am Stück damit arbeiten können, werden die Mitarbeitenden im Lager nach und nach an die motorisierte Unterstützung gewöhnt. Dazu werden sie gerade intensiv geschult. Auch der Hersteller German Bionic ist regelmäßig im Lager unterwegs, unterstützt bei der Anwendung und sammelt Erfahrungswerte für die Weiterentwicklung.

Aktuell sind in Langenau zwei Exoskelette bei der Kommissionierung und beim Umpacken von Paletten im Warehouse im Einsatz. Geplant ist die Verwendung auch bei der Entladung von Containern, kündigt Michael Trunk an. Da verschiedene Mitarbeitende mit dem Gerät arbeiten, sind die individuellen Einstellungen hinterlegt und lassen sich mit einem PIN abrufen. Am Ende des Einsatzes kann der Benutzer zudem sehen, um wie viele Kilogramm er an dem Tag entlastet wurde. „Da kommen einige Elefanten zusammen“, scherzt Patric Dandl.

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