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Digitalisierung

„Die Divergenz zwischen Angebot und Nachfrage in der Seefracht lässt die Preise weiter steigen“

Eine hohe Volatilität hat den Seefrachtmarkt schon immer gekennzeichnet. Durch Corona hat sich die Situation verschärft.

Die Corona-Krise hat auch vor der Seefrachtbranche nicht Halt gemacht. Knappe Kapazitäten, erhöhte Raten und die Digitalisierung der Reedereien machen den Markt komplexer und volatiler denn je. Rolf Mertins, Head of Global Ocean Freight bei DACHSER Air & Sea Logistics, im Interview.

Herr Mertins, wie steht es aktuell um den Seefrachtmarkt?

Vergangenes Jahr war alles anders, auch in der Seefracht. Konnten wir in den letzten Jahren den Schiffsraumeinkauf immer auf Basis von Erfahrungen und Werten aus dem Vorjahr planen, so sind diese Annahmen mit der Corona-Pandemie regelrecht über den Haufen geworfen.

Schon im vierten Quartal 2020 lief die Produktion in Asien wieder auf Hochtouren, die Nachfrage nach Containertransporten stieg stark an. Dabei lagen die Transportkapazitäten auf der anderen Seite aber weit unterhalb des Vorjahres. Neben einem Mangel an Leercontainern an den Produktionsstätten in Asien waren die Fahrpläne und damit die Frachtkapazitäten wegen der Corona-Lockdown-Auswirkungen noch immer eingeschränkt. Gerade für Transporte in die USA aber auch nach Europa herrscht großer Mangel an Leercontainern, weil der Rücklauf von leeren Containern aus den USA mindestens sechs bis zehn Tage länger dauert als in der „Vor-Corona“-Zeit. Ursache sind durch COVID-19 bedingte Einschränkungen in den Hafenterminals, Unterbesetzung bei den LKW-Fahrern und auch verzögerte Schiffsentladungen, da infizierte Schiffsbesatzungen immer wieder mit Quarantäne belegt werden, und Schiffe damit erst mal vor Anker liegen müssen.

Außerdem werden viele Schiffe auf emissionssenkende Schiffsmotorkatalysatoren umgerüstet und somit zeitweise außer Dienst genommen. Dies alles führt dazu, dass der Laderaum knapp ist, und die Divergenz zwischen Nachfrage und Angebot die Preise weiter „astronomisch“ in die Höhe steigen lässt.

Sehen Sie Anzeichen von Erholung? Und wie schätzen Sie die Zukunft des Containerschiffmarktes ein?

Wir gehen davon aus, dass die Situation bis Ende Februar, wahrscheinlich sogar für das gesamte erste Quartal 2021, so bestehen bleiben wird. Auch „Chinese New Year“ im Februar spannt die Situation zusätzlich an. Insbesondere die Raten werden tendenziell noch weiter steigen, bzw. sicherlich nicht fallen, da die Sendungsvolumina laut Prognosen bis Ende Februar 2021 nicht zurückgehen werden. Danach – wenn auch der erhebliche Backlog aufgearbeitet ist – könnte  beim Thema Schiffsraum und hoffentlich auch bei der Containerverfügbarkeit etwas Entspannung eintreten. Eine „Vor-Corona“-Situation, was die  Kapazitätsverfügbarkeit und das Ratengefüge angeht, ist auf absehbare Zeit jedoch nicht ersichtlich.

Die europäischen Reeder arbeiten aktuell stark an der Digitalisierung ihrer Prozesse und ihrer Bedienbarkeit. Daher müssen die bisherigen Procurement- und Buchungsprozesse überprüft und dieser neuen Marktentwicklung angepasst werden, um das FCL-Geschäftsmodell zukunftsfähig zu gestalten und auszubauen. 

Mit den LCL Services bietet DACHSER seinen Kunden Logistiklösungen für globale Sammelverkehre an. Wie profitieren Kunden hier besonders in herausfordernden Zeiten?

Die LCL Services sind als eine Art Stückgutservice der Weltmeere eine zuverlässige und transparente Lösung für unsere Kunden. Das gilt besonders in Krisenzeiten wie der aktuellen Pandemie, wenn es aufgrund Produktionsausfällen oder Lockdowns in den Zielländern nicht so viele Komplettcontainer zu füllen gibt. Wöchentliche Abfahrten und schnelle Transitzeiten zeichnen die LCL Services aus und machen sie zu einem wichtigen Element bei der Aufrechterhaltung internationaler Transportketten. Das macht den LCL Service weniger krisenanfällig, bzw. stellt eine für alle Branchen adäquate Transportalternative auch gegenüber Luftfrachttransporten dar, wenn eine längere Vorplanung möglich ist. Wir werden deshalb auch künftig unser LCL-Portfolio noch stärker anpassen und um weitere Linien ausbauen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview with: Rolf Mertins

Rolf Mertins ist Head of Global Ocean Freight bei DACHSER Air & Sea Logistics.

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