LEO-Satelliten: Gedränge am Himmel
Die große Anzahl an neuen Kommunikationssatelliten im Low Earth Orbit (LEO) bietet interessante Möglichkeiten auch für die Logistik. Besonders das Starlink-Netz lässt sich in vielen Regionen der Welt schon nutzen.
Über unseren Köpfen wird es eng am Himmel. Immer mehr Satelliten umrunden die Erde. Befanden sich vor vier Jahren weniger als 3.000 aktive Erdtrabanten im Orbit, sind es mittlerweile schon über 7.000 Flugkörper. Bis zum Jahr 2030 könnte sich die Zahl noch mal vervierfachen. Hauptursache für dieses starke Wachstum ist die Zunahme von sogenannten LEO-Satelliten.
LEO steht für „Low Earth Orbit“ und beschreibt die Erdumlaufbahn von niedrig fliegenden, schnell umlaufenden Fernmeldesatelliten. LEO-Bahnen befinden sich in einer Distanz von etwa 250 bis 2.000 km zur Erdoberfläche. Dies erlaubt ihnen im Vergleich zu höher fliegenden Satelliten kurze Signallaufzeiten und vor allem kurze und damit kostengünstigere Raketenflüge. Die Nachteile: Um die gesamte Erdoberfläche abzudecken, benötigt man wegen der niedrigen Höhe eine größere Anzahl von Fernmeldeeinheiten. Außerdem ist aufgrund des hier noch vorhandenen Luftwiderstands der Verschleiß höher. Während auf 550 km Höhe fliegende Low-Orbiter derzeit nach etwa fünf Jahren in der Erdatmosphäre verglühen, hat beispielsweise ein moderner über vier Tonnen schwerer GPS-Satellit als Middle-Orbiter (MEO) in über 20.000 km Höhe eine Lebenszeit von 15 Jahren.
Mehr als ein Dutzend Betreiber von globalen Low-Orbit-Satellitendiensten bieten unterschiedliche Services an, darunter, neben den Sprachdiensten, auch Daten-, Multimedia- und Videodienste. Bekanntester und ambitioniertester Vertreter von LEO-Satelliten ist das Starlink-System des US-Unternehmers Elon Musk. In einer Höhe von 550 km wurden im Zeitraum 2020 bis Mitte 2023 bisher mehr als 4.500 Erdtrabanten installiert. Wöchentlich brachten die wiederverwendbaren Falcon-9 Raketen von SpaceX bis zu 50 der rund 300 kg schweren Starlink-Satelliten gleichzeitig und damit kostengünstig in die Umlaufbahn. Die neue Generation von Starlink-Satelliten fällt mit 1,25 Tonnen deutlich schwerer aus. Deshalb wird der Transport ins Weltall nicht mehr ganz so kostengünstig sein. Starlink will dennoch über 7.000 solcher Einheiten ins All bringen. Deren Start wurde auch schon von der zuständigen US-Behörde genehmigt.
Internet aus dem All
Starlink bietet vor allem einen Internet-Zugang unabhängig von Mobilfunknetzen und stationären Anschlüssen. Der Nutzer auf der Erde benötigt dafür Milchtüten-große Sende- und Empfangseinheiten mit einer Satellitenschüssel. Tests von DACHSER Corporate Research & Development ergaben hier Datenraten zwischen 50 und 200 Mbit/s. Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit einer einfachen Internetverbindung können als gut bis sehr gut eingestuft werden.
Die Entwicklung von LEO-Kommunikationslösungen schreitet mit hohem Tempo voran: Für 2023 hat Starlink zusammen mit Partnern Tests für die Nutzung des Satelliten-Internets in Flugzeugen sowie mit Smartphones angekündigt. Schon heute bietet Apple mit dem iPhone 14 die Funktion „Emergency SOS via Satellite“ an. Dieser Notfallmodus ermöglicht es, via Kurznachrichten mit Rettungsdiensten zu kommunizieren, auch wenn kein Mobilfunknetz verfügbar ist. Möglich ist diese Zwei-Wege-Kommunikation durch 48 LEO-Satelliten des Anbieters Globalstar in 1.400 km Höhe.
Auch andere Anbieter versuchen dem LEO-Internet-Marktführer Starlink Konkurrenz zu machen. Dazu gehören vor allem der britische Anbieter Oneweb, Amazon sowie staatliche Initiativen aus China und der Europäischen Union. Die EU hat angekündigt, bis 2027 etwa 170 LEO-Einheiten für ein unabhängiges Satellitendatennetz in den Orbit zu bringen.
Für die Logistik bietet diese nun Schritt für Schritt Realität werdende Zukunftstechnologie grundsätzlich die Möglichkeit, auch jenseits der Verfügbarkeit von 4G- und 5G-Mobilfunknetzen eine Datenkommunikation mit Ladeeinheiten, Fahrzeugen und Umschlagpunkten sicherzustellen. Welche Anwendungen in der Praxis dann wirklich sinnvoll sind, wird vor allem durch Größe, Strombedarf und Kosten der Sende- und Empfangseinheiten sowie die tatsächliche Verfügbarkeit von Datenübertragungsbandbreiten definiert. DACHSER wird diese Möglichkeiten im Rahmen seiner Forschungs- und Innovationsaktivitäten weiter untersuchen.
Autor: Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei DACHSER