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Digitalisierung

„Mit Wasserstoff werden in Zukunft Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometern möglich sein“

Um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sind Alternativen zum Diesel gefragt.

Um in den kommenden Jahren die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sind gerade in der Transport- und Logistikbranche Alternativen zum Diesel gefragt. Neben batterieelektrischen Fahrzeugen, die heute bereits in der Innenstadtbelieferung unterwegs sind, könnten Lkw mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieben (H2-Lkw) eine Alternative für den emissionsfreien Transport über längere Strecken sein. Eine Machbarkeitsstudie der Hochschule Kempten im Auftrag von DACHSER kommt nun auf Grundlage von Simulationen zum Ergebnis, dass der Einsatz von H2-Lkw im DACHSER Stückgut-Logistiknetzwerk grundsätzlich möglich ist. Prof. Dr. rer. nat. Werner E. Mehr, Hochschule Kempten, Fakultät Maschinenbau und Andre Kranke, Department Head Trends and Technology Research bei DACHSER, dazu im Interview.

Professor Mehr, wobei liegen die größten Herausforderungen beim Einsatz von Wasserstoff-Lkw?

Prof. Mehr: Im Rahmen der Studie konnten wir feststellen, dass mit der 350 bar Druckgastechnologie momentan Reichweiten von etwas mehr als 500 km möglich sind. Aktuell mangelt es aber an entsprechenden Fahrzeugen – die ersten wirklichen Serienfahrzeuge sind erst zum Ende des Jahrzehnts angekündigt.  Außerdem fehlt noch ein flächendeckendes Netz an H2-Tankstellen. Hier sehen wir zum einen die 350-bar-Tanktechnologie, aber auch tiefkalten flüssigen Wasserstoff. Nur mit dieser Betankungstechnologie, an der vor allem Daimler Trucks arbeitet, lassen sich Reichweiten von bis zu 1.000km erzielen  

Wären H2-Lkw überhaupt, mit Blick auf Nutzlast, Tonnage und Einsatzzweck, mit dem Diesel-Lkw vergleichbar?

Prof. Mehr: Je nach Antriebskonzept ist die Gesamtmasse eines H2-Lkw  zwischen 600 und 850kg höher als beim Diesel-Lkw. Dies ist aber kein Problem, da die EU künftig die Erhöhung der Fahrzeuggesamtmasse um zwei Tonnen beim Einsatz eines emissionsfreien Antriebs erlaubt. Problematischer ist das Volumen. Für die 350-bar-Technologie sind rund ein Meter mehr Fahrzeuglänge notwendig, wenn zum Beispiel Wechselbrücken wie gewohnt transportiert werden sollen. Hier müssten die entsprechenden Verordnungen noch angepasst werden. Bei der Verwendung von flüssigem Wasserstoff wäre dies übrigens nicht unbedingt notwendig, da die H2-Tanks hier weniger Bauraum benötigen.

Der serienmäßige Einsatz von H2-Lkw wird in Deutschland erst für Ende des Jahrzehnts erwartet. Herr Kranke, warum beschäftigt sich DACHSER schon jetzt damit?

Andre Kranke: Teil unserer Klimaschutzstrategie ist es, Forschung und Innovation im Bereich alternativer Antriebe und Kraftstoffe aktiv zu unterstützen. Die Wasserstoff-Brennstoffzelle bietet insbesondere für den Lkw-Fernverkehr ein hohes Potenzial, das langfristige Ziel einer Null-Emissionslogistik zu erreichen. Aber es sind in den kommenden zehn Jahren noch eine Reihe von technologischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hürden zu überwinden. Hier wollen wir als DACHSER in enger Partnerschaft mit Fahrzeugherstellern, Forschungsinstituten, Hochschulen und Verbänden unsere Expertise und unser Engagement einbringen und somit einen Beitrag zum nachhaltigen Klimaschutz in der Logistik leisten.   

Interview with: Andre Kranke und Prof. Dr. rer. nat. Werner E. Mehr

Kranke ist Department Head Trends and Technology Research bei DACHSER, Professor Mehr lehrt an der Hochschule Kempten.

Wie sehen nun die nächsten Schritte für DACHSER aus? Kann man die drei von der Hochschule Kempten untersuchten Strecken bald mit einem Vorserienfahrzeug oder Prototypen testen?

Kranke: Die in der Studie untersuchten Fernverkehre stehen beispielhaft für viele tausend LKW-Verbindungen, die jeden Tag und jede Nacht im DACHSER-Netzwerk in ganz Europa stattfinden. Wir haben also die Möglichkeit, ein passendes Einsatzszenario für unterschiedliche Prototypen und Kleinserien bereitzustellen. Ein Prototyp ist sicherlich nicht für einen längerfristigen Einsatz gedacht, dies lässt sich eher mit Kleinserienfahrzeugen durchführen.

Wie sieht der aktuelle Fuhrpark von alternativen Antrieben bei DACHSER zum jetzigen Stand aus?

Kranke: Wir setzen im Rahmen unseres City-Distribution-Konzeptes „DACHSER Emission-free Delivery“ auf batterieelektrische Fahrzeuge. Nur diese erfüllen die Anforderungen an ein Null-Emissionsfahrzeug, welche lokal weder CO2 noch Schadstoffemissionen verursachen. Leider ist die Anzahl verfügbarer Serien- oder Kleinserienfahrzeuge mit europaweiter Einsatzfähigkeit noch sehr gering. Derzeit setzen wir acht Fuso eCanter als 7,5-Tonner sowie einen eActros als 18-Tonner täglich ein und hoffen, zeitnah weitere Lkw geliefert zu bekommen. Hinzu kommen weitere vollelektrische Transporter, Kleinfahrzeuge, PKWs und auch elektrisch unterstützte Lastenräder, die in den Innenstädten in unserem Netzwerk als Null-Emissionsfahrzeuge unterwegs sind.     

Mit dem Einsatz von alternativen Antriebstechnologien sollen die Treibhausgasemissionen verringert und die Nachhaltigkeit gestärkt werden. Professor Mehr, wie wichtig ist es daher, beim getankten Wasserstoff auf „grünen Wasserstoff“ zu setzen?

Prof. Mehr: Die Infrastruktur zur Erzeugung und Distribution von grünem Wasserstoff ist in Deutschland aktuell nur rudimentär vorhanden und muss erweitert bzw. aufgebaut werden. Der Einsatz von so genanntem „grünen Wasserstoff“ ist sicher wünschenswert. Andrerseits entsteht Wasserstoff in großen Mengen als Abfallprodukt, wie beispielsweise in der chemischen Industrie. Pragmatisch betrachtet spricht nichts dagegen, in einem ersten Schritt diesen „grauen Wasserstoff“ für Mobilitäts- und Transportzwecke einzusetzen, denn es entstehen im Weiteren keine umwelt- und klimaschädlichen Emissionen.

Vielen Dank Ihnen beiden für das Interview.

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