Open Source – Innovation als Philosophie
Software mit frei zugänglichem Quellcode lässt immer mehr neue IT-Systeme und Geschäftsmodelle entstehen. Unternehmen müssen sich mit dem Digitalisierungs-Trend „Open Source“ auseinandersetzen.
Open Source zählt zu den beeindruckendsten Entwicklungen in der Geschichte der Digitalisierung. In den Anfangsjahren von vielen belächelt, steht der vor über zwei Jahrzehnten entstandene Begriff heute für eine der erfolgreichsten Methoden der globalen Softwareentwicklung. Eine Innovations-Philosophie, geprägt vor allem durch Transparenz und Zusammenarbeit sowie dem Recht für jedermann, den Quellcode von Software nahezu uneingeschränkt nutzen, verteilen und verändern zu dürfen. Wie bedeutend Open Source für die Entwicklung der Digitalisierung ist, zeigt sich daran, dass mittlerweile viele relevante IT-Infrastrukturen in Behörden und Unternehmen auf Basis von Open-Source-Komponenten betrieben werden. Hinzu kommen bekannte Anwendungen wie die Programmiersprachen Java und Python, die Betriebssysteme Linux und Android, der Web-Browser Firefox oder der Messenger-Dienst Signal.
Aus eigenem Antrieb
Während die großen, vor allem US-amerikanischen Tech-Unternehmen die Bedeutung dieser Entwicklungs- und Distributionsmethode schon seit längerem erkannt und für ihr Geschäft nutzbar gemacht haben, tun sich andere oftmals noch schwer, die Potenziale von Open Source aktiv für die Entwicklung von Software-Innovationen zu nutzen. Der primäre Vorteil für Unternehmen als Nutzer von Open Source Software liegt dabei zum einen darin, interessante neue Code-Komponenten und Anwendungen ohne große Anfangsinvestitionen und Lizenzvereinbarungen schnell zum Einsatz zu bringen. Durch das aktive Weiterentwickeln und „Spenden“ von Open Source-Codes lassen sich zudem IT-Standards setzen, die am Ende zu geringeren Entwicklungs- und Maintenance-Kosten führen können. Das hilft bei der Generierung von Marktanteilen und der Etablierung von neuen Geschäftsmodellen.
Letzteres gelingt sicherlich nur jenen Unternehmen, die sich der grundlegenden Philosophie von Open Source bewusst sind: Software-Entwickler folgen einer intrinsischen Motivation, die häufig in einem erkennbaren (zukünftigen) Mehrwert begründet liegt, um Open Source-Projekte zu starten oder sich an laufenden Aktivitäten zu beteiligen. Wenn kreative Programmierer und Programmiererinnen, die die geschaffenen Tools warten und weiterentwickeln, dann geht es nicht in erster Linie um Geld, sondern um die Begeisterung, etwas Neues zu schaffen und Teil einer bedeutsamen Community zu sein.
Der primäre Vorteil für Unternehmen als Nutzer von Open Source Software liegt zum einen darin, interessante neue Code-Komponenten und Anwendungen ohne große Anfangsinvestitionen und Lizenzvereinbarungen schnell zum Einsatz zu bringen. Durch das aktive Weiterentwickeln und „Spenden“ von Open Source-Codes lassen sich zudem IT-Standards setzen, die am Ende zu geringeren Entwicklungs- und Maintenance-Kosten führen können.
Einen gewaltigen Schub hat die Open-Source-Bewegung durch leistungsfähige Plattformen bekommen, die eine Kollaboration von vielen Programmierenden und Unterstützenden an einem Projekt deutlich erleichtern. Die weltweit bekannteste und erfolgreichste Plattform ist Github, die aktuell über 200 Millionen Repositories (Speicherort von Open Source-Projekten) mit über 73 Millionen Entwicklerinnen und Entwicklern verwaltet. Hier werden mit TensorFlow oder Kubernetes z.B. elementare Zukunftstechnologien für KI-Anwendungen und Cloud-Computing gehostet. Gleichzeitig ist Github auch eine Bühne für Developer, die es ermöglicht, von der Community Anerkennung zu erhalten und in Kontakt mit Unternehmen zu kommen. Github macht deutlich, welche Erwartungen und monetären Werte mit Open Source verknüpft werden. Der Software-Riese Microsoft kaufte 2018 das nur zehn Jahre alte Start-up für 7,5 Milliarden US-Dollar.
Finanziert werden Open Source-Projekte nicht selten von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen, wie zum Beispiel der Cloud Native Computing Foundation, der Eclipse Foundation oder der Apache Software Foundation. Hinter diesen Vereinigungen stehen auch viele namhafte Unternehmen wie AWS, Microsoft, Google, Apple, SAP, IBM, Bosch, Daimler oder Siemens. Neben der monetären Unterstützung bieten die Stiftungen und Vereine eine Möglichkeit, unternehmensübergreifend zusammenzuarbeiten und die Entwicklung von relevanten Tools und Standards mit zu beeinflussen. Mit der Open Logistics Foundation, die Ende 2021 von Dachser und anderen Logistikdienstleistern ins Leben gerufen wurde und allen Unternehmen offensteht, macht sich nun auch die europäische Logistikbranche auf den Weg, Open Source aktiv für die Weiterentwicklung zu nutzen.
Philosophie mit Potenzial
Open Source-Vorhaben sind wie jedes Innovationsprojekt keine Selbstläufer und bringen eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich: Elementare Basis für alle Vorhaben ist die Wahl der passenden Nutzungslizenz, die sowohl die Anforderungen von Unternehmen erfüllt, als auch die Akzeptanz in der Entwickler-Community finden muss. Hier existieren bewährte globale Standards wie Apache v2, GNU oder MIT. Deren rechtlicher Rahmen muss aber verstanden und richtig eingesetzt werden. Entscheidend ist zudem, kreative Entwickler und Unterstützer für ein Vorhaben zu begeistern und längerfristig an das Projekt zu binden. Gelingt auch dies, sind schon zwei sehr wichtige Schritte auf dem Weg zum erfolgreichen Open-Source-Projekt getan.
Die weltweiten Informationssysteme werden in Zukunft immer häufiger durch Open Source beeinflusst. Die EU-Kommission hat beispielsweise Ende 2021 angekündigt, ihre gesamte Software quelloffen in einer zentralen Datenbank zur allgemeinen Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung zu stellen. Dieser unumkehrbare Trend zur freien und offenen Softwareentwicklung wird auch die Supply Chains aller Industriebranchen beeinflussen. Alle Beteiligten der Logistikkette sollten sich deshalb mit den Potenzialen und Herausforderungen dieser machtvollen Methode beschäftigen und sich, wenn möglich, aktiv an der Ausgestaltung dieser digitalen Zukunft beteiligen.
Lesen hier das Interview mit DACHSER CEO Burkhard Eling und CDO Stefan Hohm über die Hintergründe und Ziele, sowie die Grenzen dieser "Open Source"-Initiative für mehr Digitalisierung und Standardisierung in der Logistikbranche.